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Zeit und Kultur, 1980 Geschichte des Zeitbewußtseins in Europa

Langue : Allemand

Auteur :

Couverture de l’ouvrage Zeit und Kultur
Wenn man die besonders in den letzten fiinf Jahrhunderten sehr dynami­ sche, sich noch immer beschleunigende Entwicklung Europas bzw. der westlichen Welt und die kulturkritische Diskussion der Gegenwart verste­ hen will, ist es notwendig, auch die Rolle zu erkennen, die dabei das Ver­ haltnis zum Phanomen Zeit spielt. In vielen Einzelbeobachtungen ist dies gespiirt und nachgewiesen worden, aber bisher fehlt eine zusammenfas­ sende Darstellung, wie sie hier versucht wird. Der Kulturbereich, den man mit dem konstituierenden Vorspiel im Orient in geschichtlicher Folge als Abendland, Europa oder moderne westliche Welt bezeichnet, unterscheidet sich von anderen Kulturen durch ein besonders sensibles, scharf ausgepragtes und in standiger Auseinan­ dersetzung mit Ideen und Realitaten herausgefordertes und gepragtes, sich wandelndes ZeitbewuBtsein. In keiner anderen Kultur hatte und hat Zeit eine vergleichbar wesentliche Bedeutung. Das europaische ZeitbewuBtsein wurde von friihen Lebenserfahrungen im Vorderen Orient, von religiosen Vorstellungen insbesondere des Juden­ turns und Christentums, von zunehmender Zeitgliederung durch Uhren und Kalender, von der Entwicklung der Naturwissenschaften, von den Be­ diirfnissen einer stadtischen und arbeitsteiligen Gesellschaft, von den Ei­ gengesetzlichkeiten der Wirtschaft und von der Entfaltung des Selbstbe­ wuBtseins der Bildungseliten sowie spater immer groBerer Schichten der Gesellschaft geformt und aktiviert. Das jeweilige ZeitbewuBtsein einer Epoche griindet also nicht in sich selbst, sondern ist einerseits Ausdruck iibernommener Tradition, andererseits auch eigener Lebenserfahrungen, religioser Erlebnisse, wissenschaftlicher Welterkundung, des Selbstbe­ wuBtseins innerhalb der Geschichte und der jeweiligen Art, den Sinn des Lebens zu deuten.
1. Babylonien.- Die erste Hochkultur leitet aus dem Lauf von Mond und Sonne das kalendarisch gegliederte Jahr ab und verwendet die Zeitmessung beim Aufbau einer Zivilisation.- 2. Iran.- Unbegrenzte und begrenzte, zyklische und gerichtete Zeit.- 3. Judentum.- Hoffnung auf die Zukunft macht lineare Zeit zur Grundvorstellung des Lebens.- 4. Ägypten.- Festhalten der Gegenwartsrealität im Strom linearer Zeit — Begründung des abendländischen Kalenders — Wasser- und Sonnenuhren.- 5. Griechenland.- Der Kern zeitlosen Seins in allem Werden — Rhythmus als gesetzhafte Bändigung der Zeit.- 6. Rom.- Räumliche Vorstellungen — Engerer Gegenwartshorizont — Absicherung der Ordnung gegen die Zeit — Nutzung von Tag und Stunden.- 7. Frühes Christentum.- Bestimmung von Mitte, Ende und Anfang geschichtlicher Zeit — Sensibilisierung des linearen Zeitbewußtseins in der angespannten Wachheit eschatologischen Wartens — Ständig auf Zukunft positiv gerichtete Gegenwart.- 8. Frühes Mittelalter.- Verzögerung und langsame Entfaltung von Zeit- und Zukunftsvorstellungen — Das Heil ist gegenwärtig.- 9. Hoch- und Spätmittelalter.- Vom Raumerleben in der Romanik zu den zeitempfindenden Ansätzen in der Gotik und der modernen Zeitgliederung durch Räderuhren.- a) Das überwiegend räumliche Erleben in der Romanik.- b) Die noch nicht auf Zukunft gerichtete innere Unruhe in der Zeit der Kreuzzüge.- c) Scholastik als zeitunabhängiges Denken, Mystik als zeitloses Erleben.- d) Vorbereitung von Zeit- und Zukunftsempfinden in der Gotik: Architektur, Musik, Sprache.- e) Räderuhren mit Gewicht und Hemmung als Beginn einer unaufhaltsamen Entwicklung: gegliedertes Gleichmaß und Gerichtetheit der Zeit.- 10. Renaissance.- Konstituierung der europäischen Neuzeit durch ein neues, selbstbewußtes Verhältnis zum Phänomen Zeit.- a) Das Renaissancegefühl: Zeit als Chance für die Verwirklichung individueller Impulse.- b) Protestantismus: Luther und Calvin oder belebte Hoffnung auf die nächste Zukunft und systematischer Umgang mit der von Gott gegebenen Zeit.- c) Geschichtliche Zeit und Kalenderzeit. Von der Heilsgeschichte zur vom Menschen gemachten Geschichte, von utopischen Variationen und der Verbreitung von Kalendern.- d) Mannigfaltigkeit der Uhren von Sanduhren für Küche und Kanzel bis zu Taschenuhren und der Uhrensammlung Karls V.- e) Durch ökonomischen Umgang mit der Zeit wird das Leben reicher, werden Anstrengungen fruchtbarer.- f) Entdeckung und Anwendung gesetzlicher natürlicher Abläufe in den Naturwissenschaften — Ahnung der Konsequenzen in Bacons Fortschrittsvision.- g) Europäische Musik als Ausdruck objektiver und subjektiver Zeit und ihrer schöpferischen Spannung.- 11. Siebzehntes Jahrhundert.- a) Schlechte Erfahrungen mit der Zeit — Rückzug auf den Augenblick.- b) Weitere Arten des Ausweichens vor linearer Zeit von Pessimismus bis zur Vertiefung des Raumerlebnisses.- c) Befreiung von Vergangenheitsdruck durch rationale Entdeckung von Gesetzlichkeit in der Zeit — ein weltanschaulich verzögerter Prozeß.- d) Die neue Philosophie der Zeit gründet im wissenschaftlichen Denken, sie konstituiert unbegrenzte Kontinuität und Linearität.- e) Die Naturwissenschaften nutzen die Kausalität für gerichtete, unwiderrufliche, kumulative Schritte in die Zukunft.- f) Witterung für die Zukunft — Die das Handeln belebende Kraft der Chance.- g) Gewöhnung an die Uhrenzeit, deren Genauigkeit durch die Pendeluhr sprunghaft gesteigert wird.- h) Musik als zeitlicher Ausdruck der Ordnung und vorwärtsdrängender Willensimpulse.- 12. Achtzehntes Jahrhundert.- a) Vorblick. Auf dem Wege zur systematischen Entdeckung der Zeit und ihrer schöpferischen Möglichkeiten.- b) Von in der Fuge gefangener Zeit und der raum-zeitlichen Einheit im Musikerlebnis bis zur Freude am Tempo.- c) Bessere Uhren, vielfache Verwendung, zunehmende Verbreitung.- d) Fromme und ökonomische Nutzung der von Gott zur Verfügung gestellten, vom Menschen gegliederten Zeit.- e) Verhaltene, undeutliche Zeitempfindungen.- f) Chiliasmus im 18. Jahrhundert: Christliche Außenseiter intensivieren das Zukunftserlebnis.- g) Utopien zeigen nicht die bessere Zukunft, aber den alternativen Spielraum.- h) Die Entdeckung des Phänomens der Geschichte und ihrer Epochen.- i) Von zeitlos-systematischen Vorstellungen zur Verzeitlichung des Denkens über die Natur.- k) Die Entstehung des Fortschrittsdenkens.- 1) Das dreifache Zeitexperiment der Französischen Revolution.- 13. Neunzehntes Jahrhundert.- a) Vorblick. Von Goethe und der Romantik bis zum Höhepunkt des Fortschrittsglaubens.- b) Das Zeitbewußtsein in der Epoche der Klassik.- 1. Goethes und Humboldts Bekenntnis zur Gegenwart als Feld des Erlebens und Handelns.- 2. Beethovens Musik als ein zeitliches Werden mit wachsender Gestaltungsfreiheit im eingrenzenden Rahmen.- c) Der Protest der Romantik gegen das lineare Zeitbewußtsein.- 1. Die Grundstimmung: keine Identifikation mit der realen Gegenwart.- 2. Dichtung und Philosophie: Novalis auf der Suche nach den Geheimnissen der Zeit außerhalb von Gegenwart und Meßbarkeit.- 3. Romantische Stimmungen in der Musik Schuberts und Wagners.- d) Wissenschaften betonen das Prinzip der Kontinuität.- e) Zeitökonomie: Beschleunigung, intensivere Zeitnutzung, mehr Zeitkontrolle.- f) Das moderne historische Zeitbewußtsein und der Fortschrittsgedanke.- g) Darwinismus und Marxismus — zwei Konzeptionen der kausalen Gesetzlichkeit in Natur und Geschichte.- h) Wandlungen im Lebensstil: Wertung des aktuellen Moments. Unterschiede im Raum verlieren, Differenzen in der Zeit gewinnen an Bedeutung.- i) Zeitmessung und Zeiterlebnis. Leben mit Uhren. Auswirkungen in Literatur, Kunst und Musik.- k) Zwiespältigkeit in Kultur und Zeitbewußtsein. Nietzsches Versuch, zeitliches Werden und zeitloses Sein zu verbinden.- 14. Zwanzigstes Jahrhundert.- a) Vorblick. Höchste Steigerung und Problematisierung des Zeitbewußtseins.- b) Neue Impulse der Wissenschaften für das Zeitdenken.- 1. Naturwissenschaften. Einstein und die Folgen für das moderne Verhältnis zu Raum und Zeit. Der Zeitcharakter der drei heutigen Theorien über das Weltall. Relationen in Zeit und Raum.- 2. Philosophie. Existenzphilosophie als Aussage über die Zeit: Bergson, Husserl, Heidegger und Sartre. Die neuromantische Lebensphilosophie von Klages als Opposition gegen den Zeit-Geist.- 3. Psychologie und Psychiatrie. Entdeckung und Beschreibung des normalen und anormalen Zeitbewußtseins. Neue Ansätze zur Anthropologie.- c) Der Fortschritt als Tatsache, seine ideologische Übersteigerung und die Zweifel an seiner Gültigkeit.- d) Wie Menschen ihre Lebenszeit heute gliedern und messen.- 1. Die sich verändernde Relation von Arbeitszeit und Freizeit, Erfahrungen in der Sowjetunion und der zivilisatorische Zwang zu mehr Synchronisation.- 2. Kalenderprobleme. Auf dem Wege zur Einführung eines rationalen »Weltkalenders« als Ergänzung zur idealen Erfassung der Uhrzeit.- 3. Mehr Präsenz und Präzision der Uhrzeit. Immer mehr und immer genauere Armbanduhren und die optimale Präzision der Atomuhren.- e) »Tempo« als Phänomen des 20. Jahrhunderts. Die Realität, die Begeisterung im »Futurismus« und die kritischen Stimmen.- f) Zeitnutzung durch Leistung in Wirtschaft und Sport.- g) Zeitsensibilität in den modernen Künsten.- 1. Literatur vorwiegend als erneuter Widerspruch gegen die Herrschaft linearer Zeit.- 2. Malerei, Plastik und Film als Ausdruck von Zeitempfindungen.- 3. Musik zwischen zeitlicher Dynamik und zeitloser Räumlichkeit.- h) Bilanz des gegenwärtigen Zeitbewußtseins.- 1. Vorblick.- 2. Vorherrschaft der zukunftsbezogenen linearen Zeit.- 3. Zeit-Differenz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.- 4. Kritik und Gegenpositionen.- 5. Polarität, Spannung, Ausgewogenheit.- Nachwort.- Anmerkungen.- Namenregister.

Date de parution :

Ouvrage de 720 p.

15.2x22.9 cm

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